Die wissenschaftlichen Grundlagen der Regenerationsmedizin

Die Regenerationsmedizin stellt einen innovativen Ansatz dar, um die Entstehung und Heilung moderner chronischer Erkrankungen zu verstehen. Dieses Whitepaper erläutert die Systematik, Terminologie und Grundannahmen der Regenerationsmedizin und führt durch die Kernkonzepte, die die Basis dieses Ansatzes bilden.

Die Grundhypothese zur Krankheitsentstehung und Heilung

Die Regenerationsmedizin postuliert, dass moderne chronische Erkrankungen nicht als unveränderliche Endzustände, sondern als Anpassungsstörungen betrachtet werden sollten. Diese Anpassungsstörungen manifestieren sich in den Systemen des Nervensystems, des Immunsystems und des Stoffwechsels. Diese Systeme sind nicht nur eigenständig in ihrer Funktionsweise, sondern beeinflussen auch die Energieverteilung im Körper und verfügen über Gedächtnisfähigkeiten, weshalb sie als “die drei egoistischen Systeme” und “die drei Gedächtnisse des Körpers” bezeichnet werden.

Das Leitmodell der Regenerationsmedizin beschreibt die lebendige Interaktion der drei zentralen körperlichen Systeme. Sie nehmen deshalb eine zentrale Rolle gegenüber allen anderen Systemen ein, weil sie die einzigen drei Systeme sind die einen direkten Einfluss auf die Weichenstellung der Energie (ATP) und Energieträger (Kohlenwasserstoffketten) haben. Es sind die einzigen drei Systeme, die eine Gedächtnisformierung haben, und es sind die drei Systeme, die alle evidenzbasierte, epigenetische Schnittstellen aufweisen, die erklären können warum Menschen in der Spannung zwischen alten Genen und neuem Umfeld erkranken.

Grundannahmen und Hauptsysteme

Alle modernen Krankheiten zeigen sich in der Interaktion dieser drei Systeme. Jede Krankheit hat jedoch einen Schwerpunkt auf einem dieser Systeme. Die wichtigsten Krankheiten, die unter die Anpassungsstörungen fallen, sind wie folgt:

  • Anpassungsstörungen des Nervensystems: Depression, Psychose, Bipolare Störung, Alzheimer und Morbus Parkinson.
  • Anpassungsstörungen des Immunsystems: Entzündliche Darmerkrankungen (M. Crohn und C. Ulzerosa), Multiple Sklerose, Rheumatische Erkrankungen, Krebs.
  • Anpassungsstörungen des Stoffwechsels: Adipositas, Diabetes, Hypertonus, Anorexie.

Diese Krankheiten treten in Naturvölkern nicht in derselben Häufigkeit auf, was auf eine epigenetische Anpassungsstörung hindeutet und die primäre Bedeutung von Umweltfaktoren betont.

Die philosophischen Grundlagen der Regenerationsmedizin kannst du in dem Fachbeitrag über unser “Warum” entdecken

Interaktionen der Systeme

Die Regenerationsmedizin identifiziert Fehlregulationen zwischen den drei Hauptsystemen als gemeinsamen Faktor bei diesen Erkrankungen. Die Interaktionen dieser Systeme werden durch die folgenden Konzepte beschrieben:

  • Neuroimmunologie: Diese beschäftigt sich mit der Wechselwirkung zwischen Nervensystem und Immunsystem. Eine zentrale Anpassungsstörung auf dieser Ebene ist die Neuroinflammation, eine Entzündung des Nervensystems.
  • Immunmetabolismus: Hier steht die Interaktion zwischen Immunsystem und Stoffwechsel im Fokus. Die Metaflammation, eine Entzündung des Stoffwechsels, ist eine zentrale Anpassungsstörung.
  • Neurometabolismus: Dieses Konzept beschreibt die Verbindung zwischen Stoffwechsel und Nervensystem. Der Stressstoffwechsel, ein chronisches Umschalten auf anaerobe Energiegewinnung, ist die zentrale Anpassungsstörung.

Funktionelle Anpassungsstörungen im Detail

Innerhalb jedes der drei Hauptsysteme gibt es drei funktionelle Anpassungsstörungen, die weiter ins Detail gehen:

Nervensystem:

  • Der Sympathikotonus
  • Die Dissoziation
  • Die Dysautonomie

Immunsystem:

  • Die low-grade Inflammation
  • Die M2-Polarisierung
  • Das Molecular Mimicry

Stoffwechsel:

  • Die Insulinresistenz
  • Die Dysbiose
  • Die metabolische Rigidität

Die Rückkehr zur Resilienz: MOJO durch Hormesis

Die Regenerationsmedizin legt nahe, dass die Resilienz der Schlüssel zur Heilung ist. Das Fehlen von Resilienz zeigt sich als Fragilität und Rigidität in den Systemen. Doch Resilienz kann durch Hormesis, gezielte hormetische Reize und Analyse der Lebensfaktoren, wiederhergestellt werden. Diese Reize werden über die Mitochondrien vermittelt, die als Primärsensoren und Mediatoren der hormetischen Signale agieren.

Epigenetik als Bindeglied

Die Umstellungen, die durch Hormesis hervorgerufen werden, manifestieren sich auch auf epigenetischer Ebene, der Schnittstelle zwischen Hormesis und der menschlichen DNA.

Das MOJO: Wiederherstellung der Resilienz

Die Rückkehr der Resilienz in die körperlichen Systeme bewirkt, dass sie lebendig und anpassungsfähig werden, anstatt fragil und rigide zu sein. Diesen Zustand bezeichnet die Regenerationsmedizin als “MOJO”.

Die Regenerationsmedizin stellt einen faszinierenden Ansatz dar, der das Verständnis von Krankheitsentstehung und Heilung grundlegend verändert. Durch die Betonung der Interaktion zwischen Nervensystem, Immunsystem und Stoffwechsel sowie die Wiederherstellung der Resilienz bietet sie vielversprechende Wege zur Verbesserung der Gesundheit und Lebensqualität.

Die Regenerationsmedizin: Ein Paradigmenwechsel in der Behandlung chronischer Erkrankungen

Die Regenerationsmedizin ist ein neuer Zweig der Medizin, der sich mit biologischen
Regenerations- und Wachstumsprozessen befasst und die praktische Umsetzung des biopsychosozialen Modells darstellt. Die Regenerationsmedizin hat zum
Ziel chronische Krankheiten zu verhindern und zu heilen.

Die „Selbstheilungskräfte aktivieren“ war bis vor 20 Jahren noch ein Spruch, der von der
Schulmedizin nicht ernstgenommen werden konnte. Heute geht für jemanden, der sich
mit Gesundheit und Leistungsfähigkeit des Menschen auseinandersetzt, kein Weg mehr
an den wissenschaftlichen Grundlagen der Regenerationsmedizin vorbei.

Gesundheit fängt in den Zellen an

Unser Körper besteht aus etwa 30 Billionen Zellen. Wir haben etwa nochmal das
zehnfache an (grösstenteils symbiotischen) bakteriellen Zellen in unserem Darm, auf unserer Haut, und sogar in unserem Blut, unseren Geweben und sogar unserem Gehirn. Wir bestehen also zu etwa 10% aus menschlichen
Zellen und zu 90% aus bakteriellen Zellen.

In fast jeder Zelle des menschlichen Körpers leben etwa 1000 bakterienartige
kleine Wesen, die bis zu 90% unserer Gesamtenergie produzieren. Die Mitochondrien.
Diese produzieren dann ca. 80kg biologische Lebensenergie in Form von
ATP pro Tag. Wenn wir sogar intensive geistige und körperliche Belastung haben, dann sogar bis zu 300kg ATP pro Tag.
Wenn wir pro Zelle ca. 1000 Mitochondrien haben und diese zu den anderen Zellen und Bakterien hinzuzählen, dann besteht unser Körper aus:

  • 30 Billionen menschliche Zellen
  • 300 Billionen Bakterien
  • 30.000 Billionen Mitochondrien

Wir bestehen also nur zu etwa 0,01% aus Zellen, die sich von menschlicher DNA ableiten
lassen.
Die Interaktion aus menschlichen und bakteriellen Zellen und menschlichen und
mitochondrialen Energieproduktionsmechanismen ist bei optimaler Gesundheit eine perfekte dynamische Symbiose.

Das bioenergetische Modell der Regenerationsmedizin

Wenn diese Symbiose auf kleinster Zellebene gestört ist, dann funktionieren die
Energieproduktions- und Transportmechanismen nicht mehr.
Im Mitochondrium wird die Energie über kleine Rotoren produziert, die wie Wasserräder
fliessende elektrische Energie in chemische Energie umwandeln. Jedes Mitochondrium
hat etwa 1000 dieser kleinen Rotoren. Jeder Rotor dreht sich mit bis zu 9000
Umdrehungen pro Minute.
Bei 30.000 Billionen Mitochondrien sind das eine Menge kleiner Rotoren, die uns mit
Energie versorgen.
Wenn der Mitochondrienstoffwechsel gestört ist, dann betrifft das JEDE Zelle des
Körpers. Dann werden anstatt 80 kg ATP am Tag vielleicht nur noch 50 kg produziert.
Und dann muss der Körper schon anfangen zu priorisieren. Dann nimmt die
Regenerationsfähigkeit der Organe ab, denn JEDER Prozess im Körper braucht Energie.
Haarwachstum, Hautregeneration, Herzfunktion, Nierenfunktion, Gänsehaut, Produktion
von Darmenzymen, Produktion von Hormonen… ALLES braucht Energie!
Wenn die Energieproduktion gestört ist, dann entstehen chronische Probleme, die sich
überall äussern können. Sehnenschmerzen, Darmprobleme, Gehirnprobleme,
Herzprobleme, Nierenprobleme… ALLES was Energie braucht kann betroffen sein. Und
alles braucht Energie.

Von Anatomie zu Funktion

Wenn man in so einer Situation dann nur die Anatomie eines Organs betrachtet (z.B. durch Röntgen, Ultraschall, oder CT) dann SIEHT man das Problem nicht. Es sieht alles in Ordnung aus. Das Problem liegt nämlich nicht in der Anatomie, sondern in der Funktion. Und zwar nicht eines spezifischen Organs, sondern auf Zellebene. Im ganzen Körper. Und dann hilft die mechanische, anatomisch basierte Sicht auf Organe nicht mehr. Dann braucht man den funktionellen Blick der Regenerationsmedizin.

Regenerationsmedizinische Forschung des 21. Jahrhunderts. Die Wissenschaft der letzten 20 Jahre hat eindrücklich gezeigt welche molekularen Pfade für Zellalterung, Geweberegeneration, Stammzellaktivierung und Energiebereitstellung verantwortlich sind und – vor allen Dingen – wie wir diese Pfade gezielt modulieren können.

Während die Wissenschaft des 20. Jahrhunderts dominiert wurde von mechanischen Innovationen und Innovationen, die auf der Keimtheorie basieren, ist das 21. Jahrhundert bisher das Jahrhundert der Zellbiologie. Einen wichtigen Startschuss zur Forschung des 21. Jahrhunderts lieferte der US-amerikanische Biologe Leland Hartwell, der im Jahre 2001 den Nobelpreis für Medizin für seine Entschlüsselung des Zellzyklusses erhielt.

Danach folgten wichtige Nobelpreise für:

  • Sidney Brenner in 2002, der uns zeigen konnte wie eine Zelle ihren Tod einleitet,
  • Mario Capecchi in 2007, der wichtige Grundlagen zur Stammzelltherapie legte,
  • Elizabeth Blackburn, die 2009 den Nobelpreis erhielt für die Entdeckung der
    genetischen Alterung und der Rolle des Telomeraseenzyms,
  • Bruce Beutler und Jules Hoffmann, die mit dem Toll-Like Rezeptor einen der
    wichtigsten Schlüssel in unserem Verständnis chronischer Erkrankungen
    entdeckt haben und dafür in 2011 den Medizinnobelpreis erhielten,
  • John Gurdon und Shin’ya Yamanaka für die Entdeckung der Yamanaka Faktoren,
    Enzymatische Schalter in der Zelle, die in der Lage sind eine ausgereifte Zelle
    wieder zu einer Stammzelle werden zu lassen,
  • James Rothman, der mit seinem Team 2013 den Nobelpreis erhalten hat für
    Erkenntnisse über Zellmembranen, die entscheidende Hinweise auf die
    Entstehung von Insulinresistenz und Diabetes lieferten,
  • Yoshinori Osumi in 2016, der die Autophagie, den zellulären
    Entrümpelungsprozess entdeckte, der entscheidend an Zellalterung beteiligt ist,
  • Jeffrey Hall und Michael Young in 2017, die die molekularen Grundlagen unserer
    inneren Uhr entschlüsselten und zeigen konnten, dass jede Zelle eine eigene
    innere Uhr hat,
  • William Kalin in 2019, der zeigen konnte wie intermittierende
    Sauerstoffverfügbarkeit auf Zellebene reguliert wird.

Die Helden der Regenerationsmedizin

Viele Grundsteine für die jeweiligen Nobelpreise sind bereits einige Jahrzehnte vor der Preisverleihung gelegt wurden. Forscher haben ihre Ehrung häufig erst viele Jahre nach ihren entscheidenden Durchbrüchen erhalten. Genauso gibt es auch heutzutage entscheidende Durchbrüche der Regenerationsmedizin, die noch nicht geehrt wurden.

So zum Beispiel Douglas Wallace, der führende Mitochondrien-Forscher. Er konnte zeigen, dass wir Mitochondrien nur von unserer Mutter vererben, und er konnte zeigen, dass mitochondriale Schädigung sowohl von Geburt an vorhanden sein können (primär) als auch während des Lebens durch einen entsprechenden Lebensstil erworben werden können (sekundär) und wieder rückgängig gemacht werden können.

Oder Mari Dezawa, die in 2010 die so genannten „Muse Zellen“ entdeckte. Das sind komplett funktionsfähige Stammzellen, die sich in allen unserer Gewebe befinden. Unter bestimmten Bedingungen sind diese aktivierbar und tragen damit zur Regeneration des Organismus bei.

Oder der Genetiker David Sinclair von der Harvard University, der Alterung als heilbare Krankheit bezeichnet, die nicht genetisch, sondern epigenetisch reguliert wird und somit entscheidend von unserem Lebensstil abhängig ist. Auf Basis dieser Prinzipien konnte er das Leben von Mäusen und Ratten bereits um mehr als 40% verlängern. Aber gehen wir die entscheidenden Erkenntnisse der Regenerationsmedizin mal Stück für Stück durch.

Aktuell sind vor allen Dingen europäische Forscher in der Regenerationsmedizin führend.

So zum Beispiel Professor Achim Peters der Universität Lübeck, der die egoistische Funktionsweise des Nervensystems konzeptioniert und lehrt, Professor Straub der Universität Regensburg, der das Konzept der “drei Gedächtnisse des Körpers” entwickelte und so einen entscheidenden Beitrag zum Verständnis zahlreicher Krankheiten lieferte, oder Professor Leo Pruimboom, der sich der Neuroimmunologie widmete und die feinen Zusammenhänge zwischen Lebensstilfaktoren, Mitochondrien und Immunsystem, Nervensystem, und Stoffwechsel aufdeckt und praktikabel zugänglich macht.

Intermittent Life in der Regenerationsmedizin

In den 60ern und 70ern war die Forschung der Anti-Oxidantien gerade En Vogue. Man hatte sich erhofft mit Hilfe von Anti-Oxidantien den oxidativen Stress -als wichtige Ursache von Zellschäden- komplett antagonisieren zu können und damit Alterung aufzuhalten.

Was sich aber schnell herausstellte war, dass:
1) Chronische Gabe von Anti-Oxidantien das Leben verkürzt
2) Chronische Gabe von Anti-Oxidantien Leistung (Ausdauer, Kraft, etc.) reduziert
3) Chronische Gabe von Anti-Oxidantien Krankheiten nicht verhindert

Warum ist das so?

Das klassische Verständnis von Zellbiologie war, dass eine Zelle als so genannte omnipotente („alles könnende“) Stammzelle beginnt (zum Beispiel Eizellen) und dann spezialisiert sie sich (Prozess der Ausdifferenzierung) um dann irgendwann zu einer so genannten pluripotenten Stammzelle zu werden, die dann zwar nicht mehr alles kann, aber vieles. Zum Beispiel eine Stammzelle, die zu allen Bindegewebearten werden kann (Knochen, Knorpel, Haut, etc.). Im letzten Schritt muss sich diese Zelle dann entscheiden, ob sie eine Hautzelle, eine Knorpelzelle, etc. werden möchte. Wenn diese Entscheidung einmal getroffen ist, dann kann sie nicht mehr zurück. Sie ist dann „ausdifferenziert“.

Ein neues Paradigma der Stammzellforschung.

Der japanische Forscher Shin’ya Yamanaka hat viel mit embryologischen Stammzellen gearbeitet und wusste um das enorme Regenerationspotential dieser Zellen. Es hat ihn gestört, dass man dafür immer einen Embryo „töten“ musste um die Stammzellen zu extrahieren. Und so hat er sich gefragt was eigentlich der zentrale Unterschied einer Stammzelle und einer normalen Zelle ist. Er hat festgestellt, dass der Unterschied kein genetischer, sondern ein epigenetischer ist, also ein Unterschied, der veränderbar ist. So hat er sich auf die Suche gemacht nach den exakten epigenetischen Faktoren, die eine Zelle zu einer Stammzelle machen. Er hat sie gefunden. Die Yamanaka Faktoren. Mit Hilfe dieser Faktoren ist es möglich normale Zellen wieder zu Stammzellen zu machen. Diese Stammzellen nennen sich dann „induzierte pluripotente Stammzellen“. Dies funktioniert reproduzierbar im Labor. Es ist aktueller Gegenstand der regenerationsmedizinischen Forschung welche exakte Ausprägung dieses biologische Prinzip im lebenden Organismus hat. An Mäusen konnte gezeigt werden, dass es auch am lebenden Organismus möglich ist. Ein wichtiger Schlüssel scheint dabei nicht die chronische Aktivierung der Yamanaka Faktoren zu sein, sondern die intermittierende Aktivierung. Und dies ist über den Lebensstil möglich.

Yamanaka Faktoren in der Regenerationsmedizin

Das klassische Verständnis von Zellbiologie war, dass eine Zelle als so genannte omnipotente („alles könnende“) Stammzelle beginnt (zum Beispiel Eizellen) und dann spezialisiert sie sich (Prozess der Ausdifferenzierung) um dann irgendwann zu einer so genannten pluripotenten Stammzelle zu werden, die dann zwar nicht mehr alles kann, aber vieles. Zum Beispiel eine Stammzelle, die zu allen Bindegewebearten werden kann (Knochen, Knorpel, Haut, etc.).

Im letzten Schritt muss sich diese Zelle dann entscheiden, ob sie eine Hautzelle, eine Knorpelzelle, etc. werden möchte. Wenn diese Entscheidung einmal getroffen ist, dann kann sie nicht mehr zurück. Sie ist dann „ausdifferenziert“.

Es ist aktueller Gegenstand der regenerationsmedizinischen Forschung welche exakte Ausprägung dieses biologische Prinzip im lebenden Organismus hat. An Mäusen konnte gezeigt werden, dass es auch am lebenden Organismus möglich ist. Ein wichtiger Schlüssel scheint dabei nicht die chronische Aktivierung der Yamanaka Faktoren zu sein, sondern die intermittierende Aktivierung. Und dies ist über den Lebensstil möglich.

Stress als Lebenselixier? Ja!

Und zwar der akute, intermittierende. Chronischer Stress verkürzt das Leben, fördert Krankheiten, reduziert Regeneration. Akuter Stress, intermittierender Stress macht genau das Gegenteil. Er verlängert das Leben, reduziert Krankheiten, steigert Regeneration.
Deutlich wurde dieses Prinzip nicht nur in der Anti-Oxidantien Forschung der 70er Jahre, sondern auch in der modernen Forschung über Hochintensives Intervalltraining (HIIT), intermittierendes Fasten, intermittierende Kälte und intermittierendes Trinken. All diese Interventionen sprechen molekulare Pfade wie Nrf-2, AMPK, mTOR und PPAR, die allesamt bei einer intermittierenden Aktivierung alle Weichen auf Regeneration und Anti-Aging umstellen. Intermittierendes Essen ist sicherlich eine der eindrücklichsten Interventionen der Regenerationsmedizin.

Autophagie

Nachdem sich die Ernährungswissenschaften jahrzehntelang gestritten WAS wir Menschen essen sollen und zu keinem wirklichen Ergebnis kam, musste man die Frage anders stellen. Jede Untersuchung, die vergleichen wollte, ob pflanzliche oder tierische Nahrung, Proteine oder Kohlenhydrate, ballaststoffreich oder ballaststoffarme Ernährung, kam nur zu marginalen Unterschieden. Wissenschaftlich gesprochen ist es fast egal WAS man isst (vorausgesetzt es ist echtes, nicht verarbeitetes Essen). Es macht keinen wirklichen Unterschied auf unsere Lebensdauer, Krankheitsrisiken, oder Leistungsfähigkeit.
Die Frage muss also anders gestellt werden. Nicht „WAS sollen wir essen?“, sondern „WANN sollen wir essen?“. Und dabei stiessen Forscher auf einschneidende Ergebnisse.

Nahrungsmitteltiming

Angefangen hat diese Untersuchungslinie mit Hefepilzen. Intermitterende Fütterung von Hefepilzen hat ihr Leben deutlich verlängert. Dies konnte in Mäusen und Ratten bestätigt werden. Einige Fastenprotokolle konnten eine 60%ige Lebensverlängerung bei Mäusen erreichen.
Auch bei Menschen reduzieren einige Fastenprotokolle deutlich alle zellulären Marker der Alterung und steigern alle zellulären Marker der Regeneration. Ob es auch das Leben verlängern wird, wird sich zeigen, denn menschliche Versuche sind aus vielen Gründen (u.a. lange Lebensdauer) nicht durchführbar. Heute ist die Forschung an Substanzen, die für die Zelle einen Fastenzustand simulieren, sehr gefragt. Zu diesen Substanzen zählt Rapamycin, welches in der Regenerationsmedizin aktuell sehr gefragt ist. Eine Rapamycingabe in der zweiten Lebenshälfte konnte bei Mäusen das Leben um 60% verlängern.

Intermittierende Protokolle

Das klassische intermittierende Fasten, bei dem 16 Stunden gefastet wird, und Essen nur innerhalb eines 8h Fensters durchgeführt wird, ist zwar praktikabel, aber nicht das effektivste. Ausserdem wird es häufig falsch eingesetzt, weil dann zu häufig gegessen wird während des 8h Fensters. Protokolle wie „Alternate Day Fasting“, bei dem nur jeden zweiten Tag gegessen wird, oder Protokolle, die Fastenperioden von über 72h beinhalten, zeigen grössere Effekte. Wenig überraschend ist auch, dass eine Intermittierung des intermittierenden Fastens, das so genannte periodische Fasten, bei dem einige Wochen intermittierendes Fasten durchgeführt, und dann einige Wochen nicht, in einigen Studien die grössten Effekte zeigt.

Gut durchgeführte Intermittierende Fastenprotokolle reduzieren deutlich metabolische Entzündung, reduzieren Leberfett, Körperfett, Viszeralfett, verbessern Blutzuckerregulation, regeneriert die Bauchspeicheldrüse von Diabetes, und aktiviert Stammzellen.
Auch Fasten-imitierende Ernährungsformen, die molekular das Fasten imitieren, ohne dass man Fasten muss zeigen ähnliche Effekte.
Einer der zugrunde liegenden Effekte ist die Autophagie, der natürliche Prozess der Zellreinigung, der vor allem in einem gefasteten Zustand aktiviert wird.
Fehlregulierte Autophagie (zB durch chronisches Essen) ist daher mit zahlreichen Erkrankungen in Verbindung gebracht worden:

  • Krebs
  • Ansammlung neurodegenerativer Plaques bei Demenzerkrankungen
  • Muskelerkrankungen / Myopathien
  • Chronische Infektionen
  • Funktionelle Leberinsuffizienz

Eine fehlende Autophagie führt zu einer Akkumulation nicht-funktionaler Zellbestandteile. Diese blockieren dann den Zellstoffwechsel. Und machen nicht genug Platz für neue, funktionale Zellbestandteile. Das ist vor allen Dingen für die Mitochondrienfunktion relevant, die eine zentrale therapeutische Zielgrösse der Regenerationsmedizin ist.

Mitochondrien in der Regenerationsmedizin

Mitochondrien sind Organellen innerhalb der menschlichen Zelle, die eine eigene DNA besitzen und sich so eigenständig fortpflanzen und teilen können. Sie sind nicht auf die menschliche DNA angewiesen. Dementsprechend gehen Mitochondrien auch nicht aus der menschlichen DNA hervor, sondern werden als ganze Organellen übertragen. Das geschieht zum Beispiel über die Eizelle von der Mutter an ihre Kinder. Im Spermium ist nicht genug Platz für ausreichend Mitochondrien, so dass ein Kind seine Mitochondrien primär von der Mutter erhält.
Im Gegensatz zu menschlichen Zellen sind Mitochondrien in der Lage einen Sauerstoffbasierten Energiestoffwechsel durchzuführen (aerober Stoffwechsel). Etwa 80-90% unserer täglichen Energie stammt aus diesem Energiestoffwechsel.


Wenn die mitochondriale Funktion abnimmt, dann verliert unsere menschliche Zelle also die Fähigkeit des aeroben Stoffwechsels. Im anaeroben Stoffwechsel kann nur Zucker verbrannt werden, jedoch keine Fettsäuren und keine Proteine. Ausserdem entsteht im anaeroben Stoffwechsel Laktat und Säure als Stoffwechselzwischenprodukte. Deshalb resultiert aus mitochondrialen Funktionsstörungen :

  • Reduzierte Energieproduktion
  • Chronische Übersäuerung der Zellen
  • Fettstoffwechselstörungen
  • Heisshunger auf Zucker (weil einzige anaerobes Energiesubstrat)

Energie ist der Anfang von allem

Die mitochondriale Energie wird von drei Regulationssystemen im Körper verteilt. Diese drei Regulationssysteme zeichnen sich dadurch aus, dass sie einen autonomen (Der Forscher Achim Peters nennt es sogar “egoistischen”) Einfluss auf die Energieverteilung im Körper nehmen können. Diese drei Systeme sind das Nervensystem, der Energiestoffwechsel, und das Immunsystem.

Der Neurometabolismus beschreibt die enge Verflechtung des Nervensystems mit dem Energiestoffwechsel. Dies geht in beide Richtungen, denn Stresshormone können den Energiestoffwechsel beeinflussen, was sich in hartknäckigem Übergewicht, aber auch in stressbedingten kardiovaskulären Erkrankungen zeigen kann. Der Energiestoffwechsel hat jedoch auch entscheidenden Einfluss auf das Nervensystem im Sinne somatopsychischer Erkrankungen des Nervensystems, die im Kern aber auf Basis eines chronischen Energiemangels entstehen. Diesen Forschungszweig bearbeitet aktuell der Harvard University Forscher und Psychiater Chris Palmer, der aufzeigt welch entscheidende Rolle der Energiestoffwechsel in der Entstehung psychiatrischer Erkrankungen hat.

Die Neuroimmunologie geht auf die Entdeckung des Psychiaters Robert Ader zurück, der in den 1980ern nachweisen konnte, dass das Nervensystem prägende Einflüsse auf das Immunsystem hat, und umgekehrt. Die Neuroimmunologie befasst sich heute mit den Zusammenhängen zwischen Immunfunktion und Stress, sowie anderen psychischen Qualitäten und kann so Erklärungen und Lösungsansätze bieten für Neurodegeneration, Autoimmunerkrankungen, chronischen Stress, sowie Krebs.

Der Immunmetabolismus geht auf die wissenschaftlichen Arbeiten von Dr. Hotamisligil der Harvard University zurück, die beschreiben wie eng verkoppelt Immunsystem und Stoffwechsel auf Zellebene sind. Evolutionär handelt es sich dabei um die exakt gleichen Rezeptorsysteme was erklärt warum bei den meisten chronischen Erkrankungen der moderne immer Entzündung und Stoffwechselfaktoren beteiligt sind. Hotamisligil bezeichnet dieses Phänomen die Meta-flammation, die Entzündung des Stoffwechsels. Inzwischen hat auch die Universität Bonn einen eigenen Sonderforschungsbereich Metaflammation eingerichtet.

Mitochondriale Heteroplasmie

Die sekundären Konsequenzen eines chronischen Energiemangels und einer chronischen Übersäuerung finden sich in reduzierter Lebenserwartung einem erhöhten Risiko so ziemlich aller bekannten Erkrankungen.

Bis vor einigen Jahren waren nur die primären Mitochondriopathien, also die von Geburt an existierenden Mitochondrienfehler, eine anerkannte Erkrankung. Jedoch hat sich in der Regenerationsmedizin deutlich herausgestellt, dass Mitochondrienschäden über die Lebenszeit akkumulieren können und sich in verschiedenen Milieus eine kranke Mitochondrienpopulation entwickeln kann.

Unterschiede in mitochondrialer Funktion liegen vielen modernen Erkrankungen wie Diabetes, Alzheimer, Parkinson, Krebs, Fibromyalgie, Depressionen und chronischer Müdigkeit zu Grunde und können erklären warum Naturvölker -trotz gleicher Genetik und gleicher Lebenserwartung- nicht von diesen Erkrankungen geplagt sind, während diese Erkrankungen in unserer Gesellschaft exponentiell ansteigen.

Mit der Wanderung der Menschheit über die letzten 100.000 Jahre haben sich auch Unterschiede in der mitochondrialen DNA (mtDNA) manifestiert. So können die Mitochondrien von Nordeuropäern den Fettstoffwechsel entkoppeln und in Hitzeentwicklung umpolen. So können Nordeuropäer aus Fetten Wärme generieren, während Afrikaner das nicht so gut können.

Jede menschliche Zelle hat im Schnitt 1000 Mitochondrien. Die Lebensdauer eines einzelnen Mitochondrions liegt bei wenigen Tagen bis einigen Wochen. Wenn von diesen 1000 Mitochondrien einige Schäden abbekommen (zB durch Umweltgifte), dann entsteht eine so genannte „mitochondriale Heteroplasmie“, das bedeutet nichts anderes als dass die Mitochondrien unterschiedlicher Qualität sind.

Mitochondrienzucht in der Regenerationsmedizin

Unser Lebensstil (wann wir essen, was wir essen, wann wir Sport machen, Sonnenkontakt, etc..) entscheidet nun darüber welcher Mitochondrien sich fortpflanzen. Und zwar über Prozesse, die sich „Mitogenese / mitochondriale Biogenese“ (Stimulation des Mitochondrienwachstums) und „Mitophagie“ (Ausräumen der kaputten Mitochondrien) nennen. Das genaue Zusammenspiel von Mitogenese und Mitophagie kann man als Mitochondrienzucht bezeichnen. Und genau wie es bei jeder Form von Zucht wichtig ist WANN man die Reize setzt, WELCHE Reize man setzt, und WIE man die Reize setzt, so ist es auch bei der Mitochondrienzucht relevant.
Im Mittelpunkt der regenerationsmedizinischen Forschung stehen mitogenetische Reize und mitophagische Reize und die Fragestellung nach der optimalen Dosierung und Periodisierung dieser molekularen Reize.
Denn dadurch ist es möglich den Kurs von schweren mitochondrialen Funktionsstörungen wieder umzukehren. Einer der wichtigsten Schalter für die mitochondriale Biogenese nennt sich mTOR.

mTOR und Altern als Krankheit

Die Geschichte von mTOR fing an mit einer Expedition im Jahre 1969 auf der Osterinsel, die im Volksmund „Rapa Nui“ genannt wird. Ein kanadisches Forscherteam isolierte dort aus einem Bakterien eine Substanz, die das Bakterium als Verteidigung gegen Pilze einsetzt, welches dann Rapa-Mycin getauft wurde. Zunächst wurde keine Funktion dieser Substanz entdeckt. Weitere Analysen deckten dann jedoch auf, dass diese Substanz krebsunterdrückend wirkt. Allerdings wurde erst 1990 in der Schweiz in Säugetieren ein Rezeptor entdeckt an den Rapamycin sehr potent andocken kann. Dieser Rezeptor wurde dann „Säugetierziel für Rapamycin“ oder englisch: „mammalian target of rapamycin (mTOR)“ genannt.

Die molekulare Basis des Alterns

Sehr schnell stellte sich heraus, dass das ein sehr besonderer Fund war, denn mTOR ist heute einer der zentralen molekularen Pfade in der Steuerung von Alterung, Gesundheit und Leistungsfähigkeit.
Durch Rapamycin konnte der mTOR-Pfad sehr effektiv blockiert werden, was in den Tieren zu einer Immunsuppression führte und zu weniger Krebs. Deshalb ist Rapamycin heute das Medikament der Wahl nach Organtransplantationen um die körpereigene Abstossungsreaktion zu vermeiden.
Was man jedoch auch feststellte ist, dass der Einsatz der natürlichen Substanz Rapamycin recht deutlich die Lebensdauer von Mäusen verlängert. Am Anfang waren es nur 10-15%. Mit der Zeit lernte man, dass vor allen Dingen die intermittierende Gabe von Rapamycin, also die intermittierende Blockierung von mTOR den lebensverlängernden Effekt bringt. Heute bekommt man mit einer hohen Dosis Rapamycin alle 5 Tage bereits eine 60%ige Lebensverlängerung bei Mäusen hin. Rapamycin ist jedoch nicht die einzige Substanz die mTOR blockiert.

Es gibt in der Regenerationsmedizin zahlreiche Substanzen die mTOR blockieren und die im intermittierenden Einsatz das Leben verlängern können.
Ein Forscherteam der Harvard University um den australischen Genetiker David Sinclair forscht seit über 15 Jahren an mTOR und seinen Konsequenzen für Alterung und Gesundheit. Er kommt ebenfalls zu dem Schluss, dass vor allen Dingen der intermittierende Einsatz von mTOR Inhibitoren (u.a. Rapamycin) und mTOR Aktivatoren (u.a. Aminosäuren) den Alterungsprozess (den er als Krankheitsprozess beschreibt) aufhalten können. Mit der Einschätzung Alterung als Krankheit zu bezeichnen reiht er sich in ein Forscherfeld ein, welches sich mit dem grossen Feld des Inflammagings auseinandersetzt.

Inflammaging, Metaflammation und das HYPER-Leben

Inflammaging beschreibt wie akkumulierte, entzündliche Schäden (Inflammation) unser Immunsystem und unsere Zellfunktion kumulativ schädigen und so das resultiert, was wir dann als Alterung bezeichnen.
Die Inflammation kann ihre Ursachen haben in Belastungen durch Umweltgifte, und in chronischen Infektionen. Die Hauptursache für chronische Inflammation ist jedoch ein chronischer Lebensstil. mTOR aktiviert das angeborene Immunsystem über den „Toll Like Receptor 4 (TLR4)“. Eine chronische Aktivierung von mTOR führt also zu einer chronischen Aktivierung des angeborenen Immunsystems und so zu einer chronischen Inflammation.
Diese chronische Inflammation, die ihren Ursprung in einer chronischen Aktivierung des Stoffwechsels hat, nennt sich metabolische Inflammation oder auch Meta-flammation. Aus einer chronischen Hyperaktivierung von mTOR resultiert also eine Metaflammation, die zur Folge hat:

  • Hyperinsulinämie
  • Hyperlipidämie
  • Hyperglykämie
  • Hypertonie
  • Hypertrophie (bei wenig Sport -> Fettgewebehypertrophie)
    Das HYPER-Leben. Die Lösung ist u.a. ein intermittierender Lebensstil mit intermittierender Aktivierung von mTOR.

Was ist die Lösung?

Die Lösung ist unter anderem ein intermittierender Lebensstil mit intermittierender Aktivierung von mTOR. Die Regenerationsmedizin befasst sich mit den molekularen Netzwerken, die Alterung, Gesundheit, Krankheit und Leistungsfähigkeit zugrunde liegen. Sie beschäftigt sich auch mit der optimalen Periodisierung der Reize von Inhibition und Stimulation dieser molekularen Netzwerke über Lebensstilinterventionen sowie pflanzliche, tierische und synthetische Substanzen. Soweit die Forschung und die Theorie. Auch wenn die Lösung scheinbar auf dem Präsentierteller liegt, so verkantet sich der Therapie- und Heilungsprozess meistens auf einer anderen Ebene. Nämlich auf der Verhaltensbiologie und Veränderungspsychologie.

Wie kann Veränderung ihre Wirkung entfalten?

In der Praxis spielt die Verhaltensbiologie in Verbindung mit der Veränderungspsychologie eine entscheidende Rolle als limitierender Faktor jedes Regenerationsprozesses. Während die Regenerationsmedizin auf molekularer Ebene gezielte Interventionen zur Förderung von Regenerationsprozessen anbietet, ist die effektive Umsetzung und langfristige Integration dieser Maßnahmen in den individuellen Lebensstil häufig der Schlüssel zum Erfolg.

Die Verhaltensbiologie analysiert, wie Menschen auf ihre Umwelt reagieren, und identifiziert, welche Verhaltensmuster die Umsetzung von gesundheitsfördernden Maßnahmen erleichtern oder behindern. Hierbei spielen psychologische Aspekte wie Motivation, Gewohnheitsbildung und Selbstkontrolle eine zentrale Rolle.

Die Veränderungspsychologie wiederum erforscht, wie Menschen langfristige Veränderungen in ihrem Verhalten erreichen können. Die Kunst liegt darin, individuelle Barrieren zu identifizieren, Strategien zur Überwindung von Widerständen zu entwickeln und nachhaltige Veränderungen im Lebensstil zu fördern. Daher sind die Verhaltensbiologie und die Veränderungspsychologie von grundlegender Bedeutung, um die gewünschten Regenerationseffekte zu erzielen und langfristig aufrechtzuerhalten und sind daher ein integraler Anteil der regenerationsmedizinischen Ausbildung.

In der täglichen Praxis arbeiten wir alle mit Menschen, die in ihrem Biotop der Verbindung existieren. Menschen sind verbunden mit anderen Menschen, mit Rollenbildern, mit Konzepten wie Geld, Erfolg, Verantwortung, mit ihrem körperlichen Erscheinungsbild, mit ihren Emotionen, mit ihren Gedanken und Ideen von der Welt, und mit ihren Wurzeln. Jeder Veränderung wirkt auch direkt auf diese anderen Ebenen. Mit all diesen Ebenen verbunden zu sein ohne sich darin zu verkanten oder zu sehr festzuhalten macht den Kern eines adaptiven Veränderungsverhaltens aus.

In der Grundausbildung Regenerationsmedizin lernst du nicht nur die wissenschaftlichen Grundlagen, sondern vor allen Dingen lernst du was die praktische Konsequenz dieser wissenschaftlichen Erkenntnisse ist. Du lernst wie du diese Erkenntnisse in der täglichen praktischen Arbeit mit Menschen einsetzt. Du lernst in welchen Formaten du die Regenerationsmedizin applizieren kannst, mit welchen Strategien du erfolgreich Veränderung begleitest, welche Prinzipien du einfach und wirkungsvoll kommunizieren kannst, und welche Methoden in welchen Situationen ihre größte Wirkung entfalten.

Die Regenerationsmedizin befasst sich mit den molekularen Netzwerken die Alterung, Gesundheit, Krankheit und Leistungsfähigkeit zu Grunde liegen und sie befasst sich mit der optimalen Periodisierung der Reize von Inhibition und Stimulation dieser molekularen Netzwerke über Lebensstilinterventionen, pflanzliche, tierische und synthetische Substanzen.

Glossar

  • Depression: Eine psychische Erkrankung, die durch tiefe Traurigkeit, Interessenverlust und andere Symptome gekennzeichnet ist.
  • Psychose: Eine ernsthafte psychische Störung, die den Kontakt zur Realität beeinträchtigt und Halluzinationen und Wahnvorstellungen beinhalten kann.
  • Bipolare Störung: Eine psychische Störung, die extreme Stimmungsschwankungen zwischen Manie und Depression verursacht.
  • Morbus Alzheimer: Eine degenerative Hirnerkrankung, die Gedächtnisverlust, Verwirrung und Veränderungen des Denkvermögens verursacht.
  • Morbus Parkinson: Eine fortschreitende neurologische Erkrankung, die Bewegungsprobleme, Muskelsteifheit und Zittern verursacht.
  • Morbus Crohn: Eine chronische entzündliche Darmerkrankung, die den Verdauungstrakt betrifft und Symptome wie Bauchschmerzen, Durchfall und Gewichtsverlust verursacht.
  • Colitis Ulcerosa: Eine chronische entzündliche Darmerkrankung, die hauptsächlich den Dickdarm betrifft und zu entzündeten und ulzerierten Schleimhautbereichen führt.
  • Rheumatische Erkrankungen: Eine Gruppe von Erkrankungen, die das Bewegungsapparat und Bindegewebe betreffen und Schmerzen, Steifheit und Entzündungen in Gelenken und Muskeln verursachen können.
  • Krebs: Eine Gruppe von Krankheiten, bei denen abnormale Zellen unkontrolliert wachsen und sich im Körper ausbreiten können.
  • Adipositas: Eine chronische Erkrankung, die durch überschüssiges Körperfett gekennzeichnet ist und das Risiko für andere Gesundheitsprobleme erhöht.
  • Diabetes: Eine Stoffwechselerkrankung, bei der der Körper Probleme hat, den Blutzuckerspiegel zu regulieren, oft aufgrund von Insulinmangel oder Insulinresistenz.
  • Hypertonus: Auch bekannt als Bluthochdruck, ein Zustand, bei dem der Druck in den Arterien dauerhaft erhöht ist und das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöht.
  • Funktionelle Systeme: Die Hauptsysteme des Körpers, die für verschiedene physiologische Prozesse verantwortlich sind, Energie verteilen können, und Gedächtnisse bilden können.
  • Funktionelle Anpassungsstörung: Eine Störung im normalen Funktionieren eines Systems aufgrund von Anpassungen an bestimmte Bedingungen.
  • Nervensystem: Das komplexe Netzwerk von Nerven und Neuronen im Körper, das für die Übertragung von Signalen und die Koordination von Körperfunktionen verantwortlich ist.
  • Immunsystem: Das Anpassungs- und Abwehrsystem des Körpers, das die Aufgabe hat zwischen Fremd und Selbst zu unterscheiden und Fremd zu bekämpfen, während Selbst gefördert wird.
  • Stoffwechsel: Die gesamten chemischen Reaktionen, die im Körper ablaufen, um Energie zu erzeugen und Substanzen umzuwandeln.
  • Neuroimmunologie: Das Feld, das sich mit der Wechselwirkung zwischen dem Nervensystem und dem Immunsystem befasst.
  • Neurometabolismus: Die Interaktion zwischen dem Stoffwechsel und dem Nervensystem, die die Energieproduktion und -verteilung im Körper betrifft.
  • Immunmetabolismus: Die Verbindung zwischen dem Immunsystem und dem Stoffwechsel, die die Entzündungsreaktionen und den Energieverbrauch beeinflusst.
  • Low-Grade Inflammation: Eine leichte, chronische Entzündung, die mit verschiedenen chronischen Krankheiten in Verbindung gebracht wird.
  • Dissoziation: Eine psychische Reaktion, bei der ein Mensch das Gefühl hat, von sich selbst oder seiner Umgebung getrennt zu sein.
  • Dysbiose: Eine gestörte Balance der Mikroorganismen im Verdauungstrakt.
  • Metabolische Rigidität: Ein Zustand, bei dem der Stoffwechsel nicht flexibel auf verschiedene Reize reagieren kann.
  • Metabolische Flexibilität: Die Fähigkeit des Stoffwechsels, sich an verschiedene Umstände anzupassen und effizient Energie zu erzeugen.
  • Molecular Mimicry: Ein Prozess, bei dem Antigene von Krankheitserregern ähnlich sind wie körpereigene Zellen, was zu Autoimmunreaktionen führen kann.
  • M1-Polarisierung: Ein Konzept in der Immunologie, bei dem Makrophagen in einen proinflammatorischen Zustand versetzt werden. Dieser Zustand ist wichtig für die Bekämpfung von Infektionen und die Initiierung von Entzündungsreaktionen.
  • M2-Polarisierung: Ein Zustand, in dem Immunzellen so moduliert sind, dass sie anti-entzündliche und gewebeschützende Eigenschaften haben.
  • Insulinresistenz: Ein Zustand, bei dem Körperzellen nicht mehr auf Insulin reagieren und Glukose schlechter aufnehmen können.
  • Sympathikotonus: Der erhöhte Tonus des Sympathikus, des Teils des autonomen Nervensystems, der den Körper auf Stressreaktionen vorbereitet.
  • Fragilität: Ein Zustand der Verletzlichkeit oder Empfindlichkeit gegenüber äußeren Einflüssen.
  • Resilienz: Die Fähigkeit des Körpers und Geistes, sich an Veränderungen anzupassen, widerstandsfähig zu sein und sich zu erholen.
  • Hormesis: Ein Prozess, bei dem geringe, kontrollierte Stressoren die Widerstandsfähigkeit, Resilienz und Gesundheit des Körpers verbessern.
  • Mitochondrien: Zellorganellen, die für die Sensorik und Vermittlung hormetischer Reize, sowie für Energieproduktion in Form von Adenosintriphosphat (ATP) verantwortlich sind.
  • Autophagie: Ein zellulärer Prozess, bei dem defekte oder nicht benötigte Bestandteile durch Lysosomen abgebaut und recycelt werden.
  • Mitophagie: Ein Prozess, bei dem defekte oder geschädigte Mitochondrien in Zellen abgebaut werden, um die Zellgesundheit aufrechtzuerhalten.
  • Mitochondriale Heteroplasmie: Die Präsenz von verschiedenen Varianten von Mitochondrien (mit unterschiedlicher DNA) in einer Zelle.
  • Mitogenese: Die Vermehrung und Erzeugung neuer Mitochondrien in einer Zelle.
  • Epigenetik: Veränderungen in der Genexpression ohne Veränderungen in der DNA-Sequenz, die durch hormetische Faktoren beeinflusst werden.
  • Intermittent Life: Ein Ansatz, der Perioden des Nahrungsverzichts oder der Kalorienrestriktion zur Förderung der Gesundheit und Langlebigkeit nutzt.
  • Yamanaka-Faktoren: Eine Gruppe von vier Genen, die in der Zellumprogrammierung verwendet werden, um reife Zellen in pluripotente Stammzellen umzuwandeln.
  • Rapamycin: Ein Medikament, das in der Medizin zur Immunsuppression und Behandlung bestimmter Krebsarten verwendet wird, aber auch als möglicher Verjüngungsfaktor diskutiert wird.
  • ATP (Adenosintriphosphat): Die Hauptquelle für zelluläre Energie in Form von Molekülen, die in den Mitochondrien produziert werden.
  • Bioenergetik: Der Studie von Energieflüssen in lebenden Organismen, einschließlich der Prozesse, die in den Zellen zur Energiegewinnung ablaufen.
  • Stammzelle: Eine undifferenzierte Zelle mit dem Potenzial, sich in verschiedene Zelltypen zu entwickeln und zur Reparatur oder Erneuerung von Geweben beizutragen.
  • mTOR (Mechanistic Target of Rapamycin): Ein Protein, das in Zellen eine zentrale Rolle bei der Steuerung des Zellwachstums, der Proliferation und des Stoffwechsels spielt.
  • Inflammaging: Die Theorie, dass altersbedingte Entzündungen (Inflammation) eine wichtige Rolle im Alterungsprozess und bei altersbedingten Krankheiten spielen können.

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