Die Methylierung im Kontext chronischer Symptome: Ein essenzieller biochemischer Prozess
Was ist Methylierung?
Die Methylierung ist eine fundamentale biochemische Reaktion, bei der eine Methylgruppe (CH3) an ein Molekül angehängt wird. Dieser Prozess findet in nahezu jeder Zelle des Körpers statt und wird durch Enzyme katalysiert, die Methylgruppen von einem Donormolekül, meist S-Adenosylmethionin (SAMe), auf verschiedene Substrate übertragen. Dies hat weitreichende Auswirkungen auf die Genexpression, Entgiftung, Neurotransmitterproduktion und viele weitere physiologische Prozesse.
Warum ist die Methylierung wichtig?
Methylierung spielt eine Schlüsselrolle in verschiedenen Bereichen der Gesundheit:
- Eiweißsynthese und Zellfunktion: Beeinflusst die Regulation von DNA und RNA, wodurch Zellwachstum und -reparatur gesteuert werden.
- Neurotransmitter-Produktion: Wichtige Botenstoffe wie Dopamin, Serotonin und Noradrenalin benötigen funktionierende Methylierungsprozesse für ihre Synthese und ihren Abbau.
- Entgiftung: Die Methylierung unterstützt die Leber bei der Verarbeitung und Ausscheidung von Toxinen.
- Kardiovaskuläre Gesundheit: Homocystein, ein Nebenprodukt der Methylierung, ist ein bekannter Risikomarker für Herzkreislauferkrankungen.
- Krebsprävention: Fehlregulationen in der Methylierung können zu einer fehlerhaften Genexpression führen, die die Entstehung von Krebs begünstigen kann.
Symptome bei gestörter Methylierung
Wenn die Methylierung nicht optimal abläuft, können sowohl psychische als auch körperliche Symptome auftreten:
- Psychische Symptome:
- Depressionen
- Angststörungen
- Reizbarkeit
- Konzentrationsprobleme
- Gedächtnisstörungen
- Körperliche Symptome:
- Chronische Müdigkeit
- Muskelschmerzen
- Verdauungsprobleme
- Entzündliche Erkrankungen
- Hormonelle Dysbalancen
Dr. Gerrit Keferstein im Gespräch mit dem Psychiater Dr. Frank Ingwersen über die Methylierung
In diesem spannenden Gespräch tauchen wir mit *Dr. Frank Ingwersen**, einem erfahrenen Psychiater aus Schleswig-Holstein und Rügen, und **Dr. Gerrit Keferstein* tief in die Welt der psychiatrischen Praxis im Kontext der Methylierung ein. Gemeinsam beleuchten sie die häufigsten psychischen Störungen wie Depressionen, Erschöpfungszustände und Angststörungen und zeigen auf welche Rolle die Methylierung dabei spielt.
Zusammenhang mit kardiovaskulärem Risiko und Krebs
Eine fehlerhafte Methylierung führt zu erhöhten Homocystein-Werten, die mit einem erhöhten Risiko für Herzinfarkt, Schlaganfall und Arteriosklerose in Verbindung gebracht werden. Ebenso spielt die Methylierung eine Rolle in der Krebsprävention, da sie das Ein- und Ausschalten von Tumorsuppressorgenen beeinflusst. Ist die Methylierung gestört, kann dies zur Entstehung von Krebs beitragen.
Laut Mandaviya et al. (2014) ist Hyperhomocysteinämie (HHcy) ein entscheidender Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen und osteoporotische Frakturen. Eine beeinträchtigte Methylierung kann zu globaler DNA-Hypomethylierung führen, was wiederum mit Zellalterung, erhöhtem Entzündungsniveau und vaskulären Dysfunktionen in Verbindung gebracht wird. Jakubowski & Witucki (2025) zeigen zudem, dass Homocystein-Metaboliten wie Hcy-Thiolacton und S-Adenosylhomocystein toxische Auswirkungen haben, die die endotheliale Funktion beeinträchtigen und Atherosklerose fördern.
Methylierung, MCAS und Histaminintoleranz
Die Methylierung spielt eine entscheidende Rolle im Histaminstoffwechsel und ist daher besonders relevant für Menschen mit Mastzellaktivierungssyndrom (MCAS) oder Histaminintoleranz. Histamin wird über zwei Hauptwege abgebaut:
- Diaminoxidase (DAO) – vor allem im Darm aktiv, baut exogenes Histamin aus der Nahrung ab.
- Histamin-N-Methyltransferase (HNMT) – baut intrazelluläres Histamin ab, indem sie es methyliert und damit unschädlich macht.
HNMT benötigt für ihre Funktion S-Adenosylmethionin (SAM), das durch die Methylierung bereitgestellt wird. Eine gestörte Methylierung kann daher zu einer verminderten Aktivität der HNMT führen, was zu erhöhten Histaminspiegeln im Körper beiträgt. Dies kann wiederum Symptome wie Hautrötungen, Juckreiz, Kopfschmerzen, Verdauungsprobleme oder Herzrasen verstärken, die typisch für MCAS und Histaminintoleranz sind.
Ein erhöhter Homocysteinspiegel, der oft mit Methylierungsstörungen einhergeht, kann zusätzlich Entzündungen und Mastzellaktivierung begünstigen. Ein funktionierender Ein-Kohlenstoff-Stoffwechsel mit ausreichender Versorgung an Vitamin B6, B9 (Folat) und B12 ist daher essenziell, um eine effiziente Methylierung zu gewährleisten und Histamin abzubauen.
Endometriose und Methylierung
Bei Endometriose kommt es zu einer fehlerhaften Expression entzündlicher und östrogenabhängiger Gene. Studien zeigen, dass Frauen mit Endometriose häufig gestörte DNA-Methylierungsmuster aufweisen, die zur Daueraktivierung von Entzündungsprozessen und Gewebewachstum außerhalb der Gebärmutter führen. Da Östrogen das Wachstum von Endometrioseherden begünstigt, kann eine fehlerhafte Methylierung auch hier zu einer Östrogendominanz beitragen, indem sie den Abbau von überschüssigem Östrogen verlangsamt.
PCOS und Methylierung
PCOS ist häufig mit Insulinresistenz und erhöhten Androgenspiegeln verbunden. Die Methylierung reguliert den Abbau von Östrogenen und Androgenen in der Leber. Ist dieser Prozess gestört, kann es zu einer Östrogendominanz und einer verstärkten Testosteronproduktion kommen, was typische PCOS-Symptome wie Zyklusstörungen, vermehrte Körperbehaarung und Akne verschärft. Zudem zeigen viele Frauen mit PCOS erhöhte Homocysteinwerte, die mit Insulinresistenz und kardiovaskulären Risiken in Verbindung stehen.
Die Rolle der Methylierung bei der Glutathion-Synthese – Warum ist das wichtig?
Glutathion ist eines der wichtigsten Schutzmoleküle unseres Körpers. Es hilft, Schadstoffe zu entgiften, das Immunsystem zu stärken und Zellen vor Schäden zu schützen. Unser Körper stellt Glutathion selbst her – aber dafür braucht er bestimmte Bausteine, darunter die Aminosäure Cystein.
Hier kommt die Methylierung ins Spiel: Sie sorgt dafür, dass aus Homocystein Cystein gebildet wird, welches dann in Glutathion umgewandelt wird. Läuft die Methylierung nicht gut, fehlt Cystein – und die Glutathion-Produktion wird gebremst. Das bedeutet:
Mehr oxidativer Stress → Zellen altern schneller und können leichter geschädigt werden.
Schlechte Entgiftung → Schadstoffe bleiben länger im Körper.
Schwächeres Immunsystem → Anfälligkeit für Infekte steigt.
Homocystein als Monitoringparameter
Homocystein ist ein Zwischenprodukt des Methioninstoffwechsels und ein sensibler Marker für die Methylierungsaktivität. Ein erhöhter Homocystein-Spiegel kann auf eine unzureichende Methylierung hinweisen und sollte daher regelmäßig überwacht werden, insbesondere bei Personen mit kardiovaskulären oder neurodegenerativen Erkrankungen.
Die Rolle der B-Vitamine
B-Vitamine sind essenziell für die Methylierung:
- Vitamin B6 (Pyridoxin): Unterstützt den Abbau von Homocystein über den Transsulfuration-Weg.
- Vitamin B9 (Folat): Notwendig für die Bereitstellung von Methylgruppen.
- Vitamin B12 (Cobalamin): Erforderlich für die Umwandlung von Homocystein in Methionin, eine essentielle Aminosäure.
Wichtige To-Dos zur Unterstützung der Methylierung
Um die Methylierung zu optimieren, sollten folgende Maßnahmen berücksichtigt werden:
- Ausgewogene Ernährung: Vermehrte Aufnahme von Lebensmitteln, die reich an Methylierungs-Kofaktoren sind (dunkelgrünes Blattgemüse, Eier, Leber, Fisch, Nüsse).
- Ausreichende B-Vitamin-Versorgung: Supplementierung kann notwendig sein, insbesondere bei genetischen Polymorphismen (z. B. MTHFR-Mutation).
- Regelmäßige Bewegung: Fördert die kardiovaskuläre Gesundheit und unterstützt die Methylierung.
- Reduktion von Toxinen: Vermeidung von Umweltgiften, Alkohol und Schwermetallen, die die Methylierung blockieren können.
- Stressmanagement: Chronischer Stress kann die Methylierungsfähigkeit negativ beeinflussen.
- Homocystein-Monitoring: Regelmäßige Laborkontrollen zur Überprüfung der Methylierungsaktivität.
Quellen
P.R. Mandaviya, L. Stolk, S.G. Heil, “Homocysteine and DNA methylation: A review of animal and human literature,” Molecular Genetics and Metabolism, vol. 113, no. 3, pp. 243–252, 2014.
H. Jakubowski, Ł. Witucki, “Homocysteine Metabolites, Endothelial Dysfunction, and Cardiovascular Disease,” International Journal of Molecular Sciences, vol. 26, no. 746, 2025.
Ein ganz wichtiger Artikel! Die Methylierung ist deshalb so wichtig, weil sie so viele Symptome verantwortet und gleichzeitig so einfach so diagnostizieren und zu lösen ist!